„Wunderbare Ausstellungseröffnung mit grandiosen Werken von Waltraud Caroline Keyn in der Kulmbacher Akademie für neue Medien.
Herzlichen Dank!“ (12.Sept.2020 )
Präsident der Thomas Dehler Stiftung und Mitglied des Deutschen Bundestages ( für Kultur und neue Medien)
Thomas Hacker, Berlin
AUSSTELLUNG WALTRAUD KEYN
Albrecht Dürer hat einen Kupferstich gefertigt, den er „Der Reuter“ nannte. Man kennt ihn als „Ritter, Tod und Teufel“. Man sieht einen Ritter, der unbeirrt seines Weges zieht. Hinter ihm zeigt sich eine menschenähnliche Gestalt mit zwei Hörnern, die aber nicht den Teufel darstellt sondern den Tod, weil sie eine Sanduhr in der Hand hält, das Zeichen für Vergänglichkeit. Im Rücken des Reiters sieht man ein Wesen, das aus einem Alptraum entsprungen scheint.
Auch wenn dieser Kupferstich einen Meilenstein in der Kunstgeschichte darstellt und Dürer zweifellos ein genialer Zeichner und Maler ist, so bleibt die Darstellung doch Vieles schuldig. Man spürt dem Werk nicht die Endgültigkeit des Todes ab, nicht die damit verbundene Verzweiflung und Trauer, den Schock des Verlustes aber auch den Trost, wenn ein langes Leiden beendet ist. Und das Grauen, das abgrundtiefe teuflische Bosheit hervorruft, die Sprachlosigkeit vor Entsetzen – sind9 auch nicht zu sehen. Eine nicht gegenständliche Wirklichkeit gegenständlich abzubilden stößt sehr schnell an Grenzen, führt zu einer Einengung, Verkürzung, ja Verstümmelung. Man kann immer nur einzelne Aspekte beleuchten, hat nie den Blick auf die ganze Wirklichkeit.
Es sollte noch Jahrhunderte nach Dürer brauchen, bis Künstler den Weg fanden, Bilder zu malen, die das Stofflose stofflich abbilden können.
Eine unkonkrete Wirklichkeit braucht eine unkonkrete Darstellung. Abstraktem wird nur die Abstraktion gerecht. Die Beschränkung auf Form und Farbe, man könnte auch sagen, auf Struktur und Farbe, ist eine Befreiung des künstlerischen Werkes von den Fesseln der Gegenständlichkeit. Und das Unsichtbare wird sichtbar. Hoffnung und Liebe, Angst, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Mut und Kraft sind plötzlich nachvollziehbar dargestellt. Das Bild hat sich aber auch von seinem Schöpfer befreit, führt ein eigenes Leben, sucht den Dialog mit dem Betrachter.
Ja, das Bild ist noch gar nicht fertig, wenn der Künstler den Pinsel weglegt. Erst wenn sich ein Betrachter darauf einlässt, es auf sich wirken lässt, mit ihm in einen Dialog tritt wird es zum vollkommenen Kunstwerk. Was jemand bei seiner Betrachtung sieht, fühlt und denkt gehört untrennbar zum schöpferischen Akt dazu, sodass das Bild so viele Variationen hat wie Betrachter, ohne dass es auch nur ein einziges Mal neu gemalt werden müsste.
Vielleicht geht unsere Zeit in die Geschichte ein als die Zeit des „Fast“ und des „Fertig“. Wir holen aus der Gefriertruhe eine Fertigpizza und schieben sie in den Ofen. Wir öffnen eine Dose mit einem Fertiggericht und hauen sie in den Topf. Wir gehen in ein Fastfood-Restaurant und können den dort gekauften Hamburger in einer Tüte mitnehmen und auf der Weiterfahrt essen, wenn wir nicht die fünf Minuten Zeit haben, die es braucht, ihn im Restaurant zu vertilgen. Alles muss gleich, jetzt und sofort sein. Dabei ist Essen mehr als nur Nahrungsaufnahme. Die Zutaten auf dem Markt oder in der Gemüseabteilung auswählen, daheim vorbereiten, das Essen garen, den Tisch decken, sich hinsetzen und essen. Das hat etwas Sinnliches. Es füttert die Seele genauso wie es den Körper satt macht. Aber das wird oft vergessen: Nahrung für die Seele. Auch diese ist unkonkret, nicht mit einer Kalorientabelle zu messen. Dinge wie die Betrachtung eines Bildes gehören dazu.
Man hat sicherlich etwas davon, wenn man durch eine Ausstellung mit gegenständlichen Bildern in einem olympiareifen Tempo jagt und die Werke nur mit dem Blick streift. Bei abstrakten Gemälden sieht man auf diese Weise nur: – Farbklekse. –
Abstrakte Bilder verlangen Zeit. Man muss vor ihnen stehen bleiben, sie auf sich wirken lassen, ihre Farben- und Formensprache aufsaugen. Nur dann beginnen sie zu reden. Dann schafft man eine Ausstellung vielleicht nicht auf einmal. Man sieht vielleicht nur drei oder vier Bilder und man muss wieder kommen und sich die nächsten anschauen. Aber diese Kommunikation mit einem Werk verändert etwas in mir selber, schafft eine Befriedigung und Zufriedenheit, vielleicht auch Widerspruch und Aufregung, auf jeden Fall aber Anregung für Geist und Seele.
Wenn man den künstlerischen Weg von Waltraud Keyn betrachtet, sieht man, dass sie die Kunstgeschichte nachvollzogen hat. Das ist aber nichts Ungewöhnliches. Üblicherweise beginnt ein Maler damit, dass er Gegenständliches zu Papier bringt. Um sich die Mal- und Zeichentechniken anzueignen ist dies die beste Übung. Denn nur wer das Handwerkszeug beherrscht, kann wirklich abstrahieren. Denn gerade bei der Abstraktion ist die Beherrschung von Strich und Farbe ausschlaggebend. Es geht ja nicht um wirr auf das Papier oder die Leinwand verpinselte Farbe. Auch wenn der Künstler ohne vorher gemachten Plan vorgeht, Zeichenskizzen wie bei gegenständlicher Malerei gibt es ja nicht, so ist es doch nicht planlos. Er folgt einer aus dem Innersten, dem Unbewußten, kommenden Regie und da muss man malen können, wenn das, was man fühlt, die Leinwand füllen soll.
Keyns Weg führte zum Aquarell, das ja eine erste Stufe der Abstraktion darstellt. Denn bekanntlicherweise wird durch die Technik ein großzügigerer Umgang mit dem gemalten Objekt verlangt, als das etwa bei einer klassischen Bleistiftzeichnung der Fall ist. Doch der Genius der Künstlerin hatte noch nicht den ihm adäquaten Ausdruck gefunden. Dazu musste er erst den nächsten Schritt der Kunstgeschichte tun und das Gegenständliche hinter sich lassen. Nun schafft er sich mit elemtarer Wucht Bahn, sprüht in einem Feuerwerk von Form und Farbe, macht die wesentlichen Dinge, die unser Leben ausmachen, sichtbar. Wer Keyns Werke auf sich wirken lässt, spürt die Dynamik, die unglaubliche Kraft, die ihnen inne wohnt. Waltraud Keyn ist zweifellos eine der bedeutendsten Künstlerinnen unserer Zeit. Kein Wunder, dass sie längst international anerkannt ist. Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen in Italien, der Schweiz, Malaysia, China und USA belegen dies.
Neben der Malerei interessiert sich die Künstlerin auch für die Fotografie. Doch auch hier bleibt sie sich treu. Mittels der Sandwichtechnik gelingt es ihr, ihren Fotografien eine abstrakte Seite zu geben, die den Blick über das ursprüngliche Motiv hinaus führt.
Die Kunsthistorikerin Dr. Silvia Bottero aus Savona, Italien, hat das Besondere an Keyns Werken so ausgedrückt: Durch die Verwendung unterschiedlicher Materialien …. verleiht sie ihren Werken verschiedene Texturen und führt uns in die reiche Welt ihrer freien und fröhlichen Inspiration, die keine Grenzen, Limits oder Hindernisse kennt. Ihe Werke haben einen musikalischen Ausdruck und bieten Einblick in Frau Keyns farbenfrohes Seelenleben.
Wolfram Gittel
Kritische Analysen von:
Professor Dr. Aldo Maria Pero, Italien:
Kaum ein Künstler beginnt die Malerei mit einem Stil, der definitiv figurativ oder abstrakt ist. Es ist viel mehr eine Wahl, die manchmal schmerzlich und voll Unsicherheiten und vielen gemachten und nicht gemachten Erfahrungen steckt. Dies trifft nicht auf Waltraud Caroline Keyn zu: ihre künstlerische Wahl, die eine klare Tendenz zum Informellen zeigt, ist klar auf ihrem künstlerischen Weg zu sehen, wenn wir ihre naturalistischen Werke, wie etwa die wunderschönen Aquarelle betrachten, deren Thema die Landschaft ist. Diese Aquarelle beeindrucken uns durch die subtile Verdrehung der Realität, durch die wir eine andere Absicht erkennen können – nämlich ihr Wille, den Blick von seiner Erscheinung zu dessen Essenz zu übertragen. Die Folge ist, dass sich diese Vision in eine Parallelwelt bewegt und dort eine fantastische Dimension schafft, als ob die Zeit angehalten würde.
Ausgehend von dieser Analyse können wir die Bedeutung der realen und echten künstlerischen Berufung von Keyn verstehen – nämlich die Abstraktion als Mittel der Freiheit, die nicht nur künstlerisch, sondern vor Allem menschlich ist, da sie die Tragödie erlebte, als Deutschland geteilt und in zwei Staaten gerissen wurde.
Keyns Abstraktion ist die Folge von geduldiger Arbeit aus konzentrierter Meditation, deren Ziel es ist, die überzähligen Zeichnungen zu eliminieren und einen Determinismus der Botschaft zu schaffen. Eine solche Botschaft wird durch die kontrollierte und ausgeglichene Verwendung von Farben übermittelt, und es ist möglich, sie zu verstehen, wenn wir sie gemeinsam mit der Bewegung im Bild analysieren. Farben und Bewegung sind essenziell für die Entzifferung der Symbole, die ein Instrument für das Verständnis der tiefen Natur dieses Kunsterlebnisses sind: ein seltenes und vielleicht einzigartiges Beispiel für ideologische Abstraktion.
Das völlige Verständnis der Absichten von Waltraud Caroline Keyn ist sehr schwierig, da ihre Kunst, trotzt der bunten chromatischen Komposition, nicht verspielt ist, sondern mit menschlichen Zuständen spielt. Es ist kein Spiel, es ist eine Tragödie. Es ist die Tragödie der Trostlosigkeit eines Zeitalters, das nach dem sicheren Tod von Gott und Marx hoffnungslos und ohne Zukunft erscheint. Aber diejenigen, die – wenn auch mit Schwierigkeiten – verstehen, dass die Kunst dieser großartigen Künstlerin die Vision und Synthese unserer Zeit ist, können Trost an der Quelle der Schönheit finden, wie ein Schüler des Ästheten von Georg Friedrich Hegel, der sagte, dass die letzliche Würde des Menschen nicht in der Philosophie und nicht in der Religion, sondern in der Kunst liegt.
Dr. Silvia Bottaro, Kunsthistorikeren, Savona, Italien:
Frau Keyns Lebenslauf, ihre Ausstellungen und ihre angesehene Präsenz in der internationalen Kunstszene sind der Beweis ihres Wertes.
Frau Keyn möchte eigenständige Kunstwerke schaffen und herstellen, und nicht nur ein Abbild der realen Welt. Indem sie nicht der Tradition folgt, Realität zu malen, gelangt sie zum Kern der modernen Kunst und entspricht dabei den neuesten Avant-Garde-Bewegungen, die die zeitgenössische Kunst anführen. Elemente der Ignoranz und des Zweifels, sowie Gefühle der Unsicherheit beeinflussen das tägliche Leben der Künstler.
Der italienische Maler De Chirico sagte einmal: „Wir sind die Metaphysischen, die eine Realität besitzen, die aus unserer innersten Seele stammt, in der jeder Grund und jedes Muster den Wert und das Gewicht eines Traumes hat.“ Obwohl sie abseits der traditionellen Malerei agiert, wählt Frau Keyn einen Stil, den sie selbst als „sensible, farbige, abstrakte Kompositionen“ bezeichnet.
Durch die Verwendung unterschiedlicher Materialien (Papier, Fotos usw.) verleiht sie ihren Werken verschiedene Texturen und führt uns in die reiche Welt ihrer freien und fröhlichen Inspiration, die keine Grenzen, Limits oder Hindernisse kennt. Ihre Werke haben einen musikalischen Ausdruck und bieten Einblick in Frau Keyns farbenfrohes Seelenleben.
(Anläßlich der Solo-Ausstellung von Waltraud Caroline Keyn mit dem Titel „ from inside“ in der“ Gallerie Scola“, Albenga/Italy, 2007)